Nein, das ist kein Spielbericht. Doch, nun ist es doch noch ein Spielbericht geworden, und zwar im erweiterten Teil dieses Textes… Wobei Spielbericht sicherlich nicht zutreffend ist – es ist mehr eine Schilderung, wie ich als autistische Person dieses Heimspiel erlebt habe. Sehr individuell und sicher nicht für alle Autisten sprechend, auch wenn einige Schwierigkeiten möglicherweise auch von anderen ähnlich erlebt werden könnten.
Den Sinn dieses Postings hatte ich am ersten Spieltag erklärt. Kurz gesagt: Das obige Herzflaggen-Foto mit den Wappen führt euch jeweils zur Spieltagesübersicht mit laufend aktualisierten Vor- und Nachberichten (Lasche „Über“) verschiedener Fanseiten zum jeweiligen Spiel. Das letzte Update erfolgte am 17.08.2023 um 13:00 Uhr.
Das erste Heimspiel der Saison und seit dem Rostock-Heimspiel der Vorsaison war für mich ziemlich stressig, da hat mich mein Autismus wieder mal voll im Griff gehabt. Eigentlich wollte ich vor dem Spiel dann noch kurz die Südkurven-Mitgliedschaft abschließen, damit hier wenigstens alle zwei, drei Wochen noch mal eine Mail von mir durchkommt (halt der weitergeleitete Südkurven-Newsletter von usp), aber habe das dann doch angesichts der bereits direkt nach Stadionöffnung megalangen Schlange im Südkurven-Umlauf gelassen – am Abend vorher am Jolly hatte ich leider zeitlich nicht geschafft.
Also nur noch kurz am Getränkestand angestellt, da dann 10 bis 15 Minuten gewartet (warum dauerte das dieses Mal so lange?!?), und mich von einer megalauten Geräuschkulisse fertig machen lassen, die wohl wegen der vielen in der Südkurvenmitgliedschafts-Schlange anstehenden Personen so laut war.
Nach zehn Minuten Warten hatte ich da das dringende Bedürfnis, einfach mal in das laute Palaver um mich hinein schreien zu müssen (quasi als Filterung für mein Gehirn, weil ich dann der Auslöser des Lärms gewesen wäre und das irgendwie anders als der von anderen verursachte Lärm gewesen wäre), konnte diesen Reiz aber dann gerade noch unterdrücken – war dann aber, als ich endlich auf meinen Stammplatz gehen konnte dennoch komplett fertig und nass geschwitzt, also eigentlich schon mit dem Spieltag durch, zumindest körperlich, aufgrund gewisser autistischer Einschränkungen.
Schon ein wenig seltsam, wenn man es vor dem Spiel in der Mitte der Stehplatz-Südkurvenplätze als erholsam empfindet, was die Lautstärke angeht – aber ich habe den Umlauf in der Südkurve echt noch nie so unruhig empfunden wie bei dem Spiel. Vielleicht lag das auch daran, dass das das erste Heimspiel seit dem Rostock-Heimspiel der Vorsaison war (also seit rund einem halben Jahr), was ich selbst im Stadion erlebt hatte. Ja, mir ging es im letzten halben Jahr wegen anderen Dingen nicht so, dass ich einen Gedanken an den FCSP hatte, zu viel andere Dinge sind in meinem Leben und der Welt passiert… (aber mein Ticket lag zumindest im Zweitmarkt, auch wenn es kurioserweise nicht bei jedem Spiel verkauft wurde…?!).
Beim Spiel sehnte ich dann den Halbzeitpfiff herbei, denn durch den akustischen Stress vor dem Spiel ging bei mir irgendwie nichts mehr, aber ich wusste, dass ich vor der Halbzeit nicht von meiner Position weg kommen würde… Die Halbzeit und die ersten 10 Minuten der zweiten Halbzeit verbrachte ich dann auf dem Treppenaufgang der Süd auf der Gegengeradenseite…. und verfolgte das Spiel anhand der Geräusche und den Bewegungen der Gegengerade. Auch mal ein eigenartiges Erlebnis, ein Fußballspiel anhand der Reaktionen der Zuschauer zu lesen – aber ich glaube, das ging erstaunlich gut, denn man kann ja sehen, wohin die Leute schauen und wie sie darauf dann reagieren. Klar, man sieht keine Ballstafetten, aber was im Spiel passiert kriegt man schon echt gut mit, ohne es zu sehen. So in etwa müssen wohl auch Blinde das Spiel erleben, wobei die dann ja immerhin noch AFM-Radio hören können – ging bei mir mit der kostenlosen Congstar-Messaging-Gratisflatrate und grandiosen 32 kbit/sec (ja, bit!) natürlich nicht…
Die letzten 30 Minuten sah ich dann ganz unten rechts auf der Südkurve (und war irritiert davon, dass da die Ordner die Aufgänge im Block wirklich frei halten, bei uns im Stadion, ist weiter mittig auf der Süd doch auch nicht so?!?). Aber half mir immerhin, mich regelmäßig mit Wasser aus dem Waschbecken einzudecken und der drohenden Dehydrierung entgegen zu wirken (wie gesagt, ich hatte vor dem Spiel tierisch geschwitzt) – und dennoch schnell wieder nach unten an den Zaun zu gelangen.
Aber krass, wie wenig man da unten sieht, war das früher auch schon so? Da waren die Zaunelemente ja noch deutlich dünner als heute – aber ich konnte quasi nur die Dinge sehen, die vor mir stattfanden, aber die linke Spielfeldhälfte quasi nicht sehen, weil die Zaunelemente die Sicht auf den Teil des Spielfeldes komplett versperrten. Aber immerhin war es in der Ecke vom Stadion ein wenig leiser – aber ich war echt froh, dass dann irgendwann abgepfiffen wurde. Auch wenn so ein 0:0 natürlich etwas unbefriedigend ist…
Nach dem Spiel dann am Paulinenplatz erst mal festgestellt, dass ich den kompletten Tunnelblick hatte und überhaupt nicht mehr wahrnahm, was um mich herum passierte – stand also wohl tatsächlich kurz vor einem autistischen Overload bei dem Spiel, schätze, wenn ich nicht zur Halbzeit den Standort gewechselt hätte wäre das blöde ausgegangen für mich. Wie auch immer, die Rückfahrt dann halt auf einer Bank am Paulinenplatz für schlappe zwei Stunden unterbrochen, den ersten sonnigen Tag seit Wochen genossen, das Flair des Viertels nach einem Heimspiel in mich aufgesaugt (hatte auch mal was, sehe ich sonst ja nicht, weil ich normalerweise direkt nach den Spielen nach Hause radel, um mich dann im Zimmer von den Eindrücken zu erholen) und irgendwann dann mit einem kurzen Abstecher in der Kleinen Pause (die auch zwei Stunden nach Abpfiff noch proppevoll war und für die Aufnahme meiner Bestellung sicher auch noch mal 20 Minuten brauchte) die restlichen zwei Querstraßen zu mir nach Hause entlang geradelt – und zu Hause dann aufs Bett gepackt und erst mal eingepennt. 😉
Aber ich glaube, fürs nächste Heimspiel nehme ich mir mal Ohrstöpsel mit, um wenigstens die akkustischen Reize etwas wegfiltern zu können – würde schon gerne ein komplettes Heimspiel in meinem normalen Bereich erleben können.
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