Die Südkurve Sankt Pauli, der Supportblock Gegengerade und Nord-Support haben eine Stellungnahme zu den aktuellen Teilöffnungen des Millerntor-Stadions verfasst. Diese wird vom Fanclub-Sprecherrat, der Vertretung aller Fanclubs des FC St. Pauli, sowie dem Fanladen St. Pauli, das Fanprojekt vom FC St. Pauli unterstützt.
Und auch ich kann mich dieser, wie im vorherigen Beitrag zu diesem Thema zu lesen, vollumfänglich anschließen.
Hallo St. Pauli-Fans,
wir möchten uns zum Thema „Teilöffnungen der Stadien“ äußern und darlegen, wie wir als aktive Fanszene dazu stehen und wie wir uns vorerst dazu verhalten werden.
Im Ergebnis bitten wir euch, bei Teilöffnungen auf eine Optik zu verzichten, die suggeriert, es sei irgendetwas „normal„.
Lasst Fahnen, Banner, Doppelhalter und so weiter zu Hause. Es sollte stets offenkundig bleiben, dass Fans ein elementarer Bestandteil des Fußballerlebnisses sind. Solange nicht der Großteil der St. Pauli-Fans wieder gemeinsam ins Stadion gehen kann, werden wir vorerst weder am Millerntor noch auswärts als Gruppen auftreten.
Als Gemeinschaftsprojekt der aktiven Fanszene und des Vereins ist vor wenigen Wochen unser Positionspapier „Ein anderer Fußball ist möglich“ zu Reformen im deutschen (Profi-) Fußball erschienen.
Nicht nur hier auf Sankt Pauli, sondern in weiten Teilen des Landes und auch in Europa waren rund um die Wiederaufnahme der Spielbetriebe einzelner Ligen öffentliche Diskussionen um den Profifußball entstanden. Hatten doch die noch andauernde Covid-19-Pandemie und ihre Folgen viele Vereine in ihrer Existenz bedroht und abermals die deutlichen Schwächen des heutigen Fußballgeschäfts offenbart. Allein in der 1. und 2. Bundesliga standen 13 von 36 Proficlubs unmittelbar vor der Insolvenz und hatten somit kaum andere Möglichkeiten, als einer Wiederaufnahme des Spielbetriebs zuzustimmen.
Auch wenn hier bei uns am Millerntor viele negative Begleiterscheinungen des kommerziellen Profifußballs noch nicht so ausgeprägt sind wie bei anderen Vereinen, so ist der FC St. Pauli als Teil der ersten beiden deutschen Profiligen dennoch an deren Regularien gebunden. Um sportlich mithalten zu können, bewegen sich viele Clubs dieser wie auch unterer Ligen im Bereich hoher wirtschaftlicher Risiken, während die Kommerzialisierung des Fußballs stetig zunimmt und ausufert. Daher ist es umso wichtiger, dass wir als Fans für unsere Kultur und Werte einstehen und weiterhin zeigen, dass nicht nur bei uns ein anderer Fußball möglich ist.
Diese Fankultur und der „etwas andere Fußball“ am Millerntor sind es, wodurch St. Pauli weit über die Grenzen Hamburgs bekannt geworden ist. Unser Vereinsleben und wir haben uns stets durch eine vielfältige und kreative Entfaltung ausgezeichnet. Stimmung im Stadion, Unterstützung der Mannschaft, Choreografien, Einmischung, Diskussion und Teilhabe. So ist die Kultur entstanden, die uns als Verein so besonders macht.
Im Gegensatz zu vorherigen Erwartungen wurde vor wenigen Tagen kurzfristig die Teilöffnung deutscher Stadien zum Saisonbeginn 2020/2021 beschlossen. Viele und vor allem kleinere Vereine befinden sich aufgrund der jahrelangen ausufernden wirtschaftlichen Geschäfte im deutschen Fußball in misslichen Lagen und sind somit auf (neue) Einnahmen angewiesen. Auch unser Verein ist dringend auf die Einnahmen durch Zuschauerinnen und Zuschauer – und sei es nur ein kleines Plus – angewiesen. Insofern mag es zumindest wirtschaftlich nachvollziehbar sein, warum die meisten Vereinsvertreterinnen und Vereinsvertreter innerhalb der DFL Teilöffnungen begrüßen.
Allerdings: Das DFL-Konzept für Teilöffnungen sieht aktuell vor, dass vorwiegend Sitzplätze einzelner Stadionbereiche und Stehplätze nur sehr eingeschränkt für Heimfans geöffnet werden. Gästefans sind Stand jetzt bis mindestens zum Jahresende gar nicht zugelassen.
Wir möchten keinesfalls infrage stellen, dass viele der hierzulande getroffenen Maßnahmen aus epidemiologischen und pandemischen Gesichtspunkten sinnvoll und nachvollziehbar waren und sind (Schutz von Risikogruppen etc.). Es ist vermutlich auch unrealistisch, dass es irgendwann den Zeitpunkt geben wird, an dem wir von Null auf 30.000 gehen können. Eine stufenweise Erhöhung der Kapazität ist vermutlich unumgänglich, solange es keinen Impfstoff gibt.
Jedoch ist ein überwiegender Teil dessen, was unsere Fankultur ausmacht, unter diesen Umständen nicht möglich und wäre ein lieb- und lebloser Abklatsch dessen. Solange nur ein Bruchteil der Fans ins Stadion kann, diese Karten ggf. sogar verlost werden müssen und ein normales Stadionerlebnis mit all seinen Facetten nicht für alle möglich ist, so lange ist es nicht unsere Art, Fußball und Fankultur zu leben. Aus diesem Grund kann es für uns in Zeiten von Teilöffnungen kein Zurück zur Normalität geben.
Wir möchten dabei explizit herausstellen, dass es nicht darum geht, die gesundheitlichen Überlegungen hinsichtlich der Pandemie (Abstandhalten durch weniger Stadionbesucherinnen und -besucher etc.) in Abrede zu stellen. Auch trifft selbstverständlich jede einzelne Sankt Paulianerin und jeder einzelne Sankt Paulianer eine eigene Entscheidung, ins Stadion zu gehen oder nicht.
Jedoch fordern wir euch auf, dabei auf Elemente zu verzichten, die „Fankultur„, wie sie so elementar und wichtig für St. Pauli ist, in dieser eingeschränkten Zeit nicht durch Fahnen, Doppelhalter, Zaunfahnen, Auftreten als Fangruppen, organisierten Support sichtbar/hörbar werden zu lassen. Wir sollten nicht einfach so tun, als wäre alles normal, solange so viele Menschen nicht Teil davon sein können.
Während der Geisterspiele wurde versucht, Fans durch Pappaufsteller zu ersetzen. Im Pay-TV wurden digitale Choreografien eingespielt oder wahlweise aufgezeichnete Fangesänge verwendet. Die Maschinerie versucht krampfhaft zu ersetzen, was nicht zu ersetzen ist. Wir möchten, dass wie bei den Komplett-Sperrungen gegen Ende der letzten Saison nicht kaschiert wird, dass unserem Verein, unserem Stadion und unserer Fanszene unabhängig von persönlichen Vorlieben etwas Elementares fehlt. Verzichtet bei Teilöffnungen daher auf eine Optik, die suggeriert, es sei irgendwas „normal“ und tretet im Stadion nicht als organisierte Fangruppen auf.
Die Tage werden kommen, in denen wir wieder alle da sind und in denen wieder auf allen Tribünen das ihnen eigene Leben tobt.
Die aktive Fanszene
Titelfoto: Tim Ecksteen (Twitter).
Transparenzhinweis / Ergänzung vom 26.08.2020: Dieser Artikel wurde auf Bitten der beteiligten Personen/Gruppen wenige Minuten nach Veröffentlichung für einige Tage wieder offline genommen, da eine interne Verbreitung per Mail/Newsletter als ausreichend für die Information der davon betroffenen Fanszene angesehen wurde. Nachdem diese Erklärung dann inzwischen aber auch auf Faszination Fankurve in Gänze vom Übersteiger auf Facebook zitiert wird, besteht für mich kein Anlass mehr, diese Erklärung weiterhin Fanszenenintern zu halten. Aus diesem Grund habe ich die Meldung am Morgen des 26. September wieder sichtbar geschaltet.
Das ist nur zu unterstützen ich hätte zwar lieber alle Fans gesehen aber es geht leider nicht! YNWA
Ja, das wird sicherlich auf ziemlich lange Zeit so sein – ich gehe sogar für die komplette Saison davon aus. Aktuell werde ich ,mich auch nicht für einen Stadionbesuch bewerben, sondern lieber dem AFM-Radio lauschen, wie ich schon beim verlinkten https://www.kiezkicker.de/kiezkicker/2020/teiloeffnung-des-millerntor-stadions-zum-heimspiel-gegen-heidenheim/ schrieb.
Angesichts dessen, dass in Hamburg die Zahlen aktuell sehr stark ansteigen könnte ich mir sogar vorstellen, dass das eines der wenigen Heimspiele in näherer Zukunft sein wird, wo überhaupt Zuschauer zugelassen sein werden…
[…] auf dem Platz waren.Zwiegespalten war ich dann beim „Aux armes“. Ich hatte nach dem Statement der aktiven Fanszene für mich entschieden, dass ich da eher drauf verzichten würde, weil es für mich einfach ein […]
[…] Gerade die aktive Fanszene entzieht sich der Teilöffnung und begründet das mit guten Worten, siehe https://www.kiezkicker.de/kiezkicker/2020/statement-der-fcsp-fanszene-zur-teiloeffnung-der-bundeslig…. […]