Ab sofort ist die noch bis zum 11. August laufende Ausstellung Kiezbeben, die sich mit dem FC St. Pauli Mitte bis Ende der 80er Jahre beschäftigt, auch für Blinde und Sehbehinderte Besucher erlebbar. Mit Hilfe der MixedReality-Brille „Microsoft HoloLens“ können blinde und sehbehinderte Personen sich selbstständig frei durch die Ausstellung bewegen und erhalten akustische Informationen über die sich jeweils im Sichtfeld befindlichen Ausstellungsstücke. Somit ist das Vereinsmuseum des FC St. Pauli das weltweit erste, welches diese MixedReality-Brille für den inklusiven und barrierefreien Ausstellungsbesuch durch blinde Personen einsetzt.
Verwendet wird hierfür eine von der Nürnberger Firma Inclusify als „Blindspotter“ getaufte Anwendung, welche die Benutzer mittels dreidimensionaler akustischer Signale durch die Ausstellung leitet und zu den jeweils im Blickfeld befindlichen Ausstellungsgegenständen beschreibende Informationen liefert. Dieses System wird durch unterschiedliche Lautstärken unterstützt (je näher man einem Ausstellungsstück kommt, desto lauter wird der beschreibende Text vorgelesen). Der Infotext wurde zu jedem Ausstellungsstück von St. Paulis ehemaligem Stadionsprecher und NDR-Moderator Rainer Wulff eingesprochen. Das System erkennt neben den Ausstellungsstücken natürlich auch alle weiteren Hindernisse im Ausstellungsbereich, einschließlich der dort umher laufender Besucher. Somit ist der Besuch der Ausstellung nun auch für sehbehinderte und blinde Personen ohne Hilfspersonen möglich. Aufgrund der sehr starken Verwinkelung der Ausstellungsräume (da in die Museumsräume ursprünglich eine eine Polizeiwache einziehen sollte) wird jedoch empfohlen, dennoch einen Blindenlangstock mitzunehmen.
Am Eingang zur Ausstellung befindet sich übrigens auch noch eine ertastbare Raumübersicht mit akustischen Informationen zu den in den jeweiligen Räumen behandelten Themenbereichen.
Das FC St. Pauli-Museum ist stufenlos im Erdgeschoss untergebracht und mit einer behindertengerechten Toilette ausgestattet. Innerhalb der Ausstellungsfläche gibt es lediglich einige wenige Zentimeter hohe Höhenunterschiede, vor denen die Brille aber natürlich auch warnt.
Die Benutzung der „BlindSpotter“-Mixed-Reality-Brille ist während der Testphase (mindestens während der Kiezbeben-Ausstellung) kostenlos möglich, ebenso wie der Ausstellungsbesuch für Blinde und Sehbehinderte. Zur Zeit gibt es zwei „Blindspotter“-MR-Brillen. Diese können auf blindspotter.kiezbeben.de vor dem Ausstellungsbesuch reserviert werden.
Weitere Informationen zur Technik der Brille gibt es auf https://blindspotter.kiezbeben.de/technik.html. Weitere Infos zum FC St. Pauli-Museum gibt es unter 1910-museum.de.
Das FC St. Pauli-Museum befindet sich im Millerntor-Stadion unterhalb der Gegengerade (lange Stadionseite auf der Heiligengeistfeldseite) und ist während der Kiezbeben-Ausstellung zu folgenden Zeiten geöffnet: Mittwoch und Freitag von 12-20 Uhr, Donnerstag von 12 bis 22 Uhr (ergänzt durch ein thematisches Abendprogramm, den Kiezbeben-Nächten) und Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 11 bis 19 Uhr.
Die barrierefreie Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann mit der U3 sowie den Metrobussen 3 und 27 bis zur Haltestelle Feldstraße erfolgen (Achtung, auf dem südlichen Abschnitt der U3 kein Betrieb zwischen Baumwall und St. Pauli).
Die nächsten barrierefreien Parkplätze befinden sich im Parkhaus der Rindermarkthalle.
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Statements
Serdal Çelebi (Blindenfußballer und „Tor-des-Monats“-Schütze vom FC St. Pauli): „Eine sinnvolle Technik und ein vielversprechender Anfang. Ich war überrascht, was das Gerät alles kann. Es reagiert sehr sensibel und erkennt auch kleine Bewegungen. Die 3D-Technologie in Verbindung mit der Stimme von Rainer Wulff kann ein echtes Highlight des Museums werden!“
Ewald Lienen (Technischer Direktor FC St. Pauli): „Inklusion ist eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben. Ob in Bildung, Kultur oder Sport: Wir dürfen niemanden ausschließen, nur weil er oder sie vielleicht ein unterschiedliches Set an Fähigkeiten und Einschränkungen hat als die Mehrheit.“
Christina Marx (Leiterin des Bereichs Aufklärung der Aktion Mensch): „Die Aktion Mensch sieht in der Digitalisierung enorme Chancen für Menschen mit Behinderungen. Es ist spannend zu erleben, wie Innovationen und neue Technologien kreativ genutzt werden können, um Inklusion voranzutreiben.“
Christoph Nagel (Vorstand und Kurator FC St. Pauli-Museum): „Dass wir die ersten weltweit sind, die die Microsoft HoloLens-Technologie als Blindenleitsystem einsetzen, passt zur DIY-Einstellung der FC St. Pauli-Fanszene: „Do It Yourself“ – warte nicht, bis es ein anderer für dich macht. Ein großes Dankeschön an die Aktion Mensch, die AFM im FC St. Pauli, die KIEZHELDEN und die Beratungsstelle KickIn für ihre Unterstützung!“
Marco Richardson (Vorstand INCLUSIFY AG): „Mit Blindspotter holen wir die Mixed-Reality-Technologie raus aus der visuellen Ecke! Die HoloLens ist eine Multi-Sense-Technologie. Sie kann viel mehr als Hologramme anzeigen. Die technologischen Möglichkeiten schreien danach, sie auch für Lösungen einzusetzen, um Menschen mit Sehbehinderung Teilhabe zu ermöglichen. Darum freue ich mich sehr, Blindspotter im FC St. Pauli-Museum das erste Mal einzusetzen. Mich inspiriert es täglich, was wir mit neuen Technologien für kreative Lösungen schaffen können, um alle Menschen mitzunehmen – Blindspotter ist erst der Anfang.“
Über die Technik
- Die BLINDSPOTTER MR-Lösung arbeitet auf Basis der Microsoft HoloLens – einer „Mixed Reality“-Brille, die dreidimensionale Holografien in die „echte“ Realität projiziert und mit ihr verbindet. Die Steuerung funktioniert durch Sprache und Gesten.
- Holografische Pfade und Objekte strukturieren den Raum. Das ermöglicht blinden und sehbehinderten Besucher*innen ein wesentlich freieres Bewegen im Museum. Der Effekt ist auch für sehende Besucher*innen nachvollziehbar. Wenn sich Besucher*innen mit der BLINDSPOTTER-MR-Lösung durch die Ausstellung bewegen, stellt die HoloLens-Brille über die Verortung im Raum und 3D-Sound einen Laufweg für den Besucher her und leitet dorthin, wo interessante Objekte im Raum sind.
- Bei Erreichen multimedialer Exponate starten Audioquellen mit Informationen. Die Audioquellen lassen sich per Sprache steuern.
- Durch Töne warnt die Brille vor Abweichungen vom Weg oder vor Hindernissen im oberen Bereich des Körpers – ähnlich wie moderne Fahrassistenz-Systeme im Auto (eine Benutzung des Blindenstocks wird jedoch weiter empfohlen).
- Bei der Einrichtung des Systems wurde die KIEZBEBEN-Ausstellung im FC St. Pauli-Museum am Millerntor exakt vermessen, um Laufwege und Objekte zu erfassen.
Über das FC St. Pauli-Museum
„Ein Verein wie kein anderer verdient ein Museum wie kein anderes“: Das ist das Motto des FC St. Pauli-Museums in der Gegengerade des Millerntor-Stadions. Es wird geplant, betrieben und finanziert vom 2012 von Fans gegründeten Verein 1910 – Museum für den FC St. Pauli e.V.; derzeit als „Museum in Progress“ mit wechselnden Sonderausstellungen, Veranstaltungen und Stadionführungen.
In der aktuellen Ausstellung „KIEZBEBEN“ erzählt das FC St. Pauli-Museum von der „zweiten Geburt“ des FC St. Pauli in den 80er- und frühen 90er-Jahren – ein Zeitenpanorama zwischen Blutgrätsche und Rock’n’Roll, Freistoßmauer und Straßenbarrikaden. Parallel treiben die Aktiven von 1910 e.V. die Finanzierung der Dauerausstellung, den Ausbau des ersten Vereinsarchivs zur braun-weißen Geschichte und Projekte wie „BAM! Bildung am Millerntor“ voran.
Mehr über das FC St. Pauli-Museum: www.fcstpauli-museum.de.
Über die Aktion Mensch e.V.
Die Aktion Mensch e.V. ist die größte private Förderorganisation im sozialen Bereich in Deutschland. Seit ihrer Gründung im Jahr 1964 hat sie mehr als vier Milliarden Euro an soziale Projekte weitergegeben. Ziel der Aktion Mensch ist, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung, Kindern und Jugendlichen zu verbessern und das selbstverständliche Miteinander in der Gesellschaft zu fördern.
Mit den Einnahmen aus ihrer Lotterie unterstützt die Aktion Mensch jeden Monat bis zu 1.000 Projekte. Möglich machen dies rund vier Millionen Lotterieteilnehmer. Zu den Mitgliedern gehören: ZDF, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie, Paritätischer Gesamtverband und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Seit Anfang 2014 ist Rudi Cerne ehrenamtlicher Botschafter der Aktion Mensch.
Mehr über die Aktion Mensch: www.aktion-mensch.de
Über INCLUSIFY AG
Die INCLUSIFY AG (Nürnberg) ist ein Beratungsunternehmen, Innovationsentwickler und Dienstleister für Inklusionsprojekte. Gleichzeitig ist INCLUSIFY der Spezialist für Inklusion und Digitalisierung sowie der kompetente Inklusionsberater für Unternehmen, Institutionen und Vereine, die Ressourcen und Know-how aufbauen möchten, um für den evolutionären Wandel der Gesellschaft optimal gerüstet zu sein.
INCLUSIFY wurde 2018 von IT-Spezialisten gegründet, die über jahrelange Erfahrung in der Konzeption und Entwicklung von Digitalisierungs- und Inklusionslösungen verfügen. Das Unternehmen ist mit Inklusionsinstitutionen wie Aktion Mensch e.V. und der KOPF, HAND + FUSS gGmbH, Berlin sehr gut vernetzt.
Um Technologien, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die einen maximalen Nutzen erzielen, arbeitet das Unternehmen eng mit Akteuren der Inklusions-Community zusammen – dazu gehören insbesondere seh- und hörbehinderte sowie motorisch beeinträchtige Menschen.
Mehr über INCLUSIFY: www.inclusify.de
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