(Updated 10.08.: Antwort vom Vermarkter des FC St. Pauli liegt inzwischen vor) Seit dem Saisoneröffnungsspiel gegen Werder Bremen hat der FC St. Pauli nun elektronische Werbebanden im Einsatz, welche die bisherigen Roll – Werbebanden ersetzen. Als Autist mit einer gegenüber Nichtautisten etwas anderen Wahrnehmung der Umgebung war ich nun sehr gespannt, wie sich diese Neuerung bei meiner Leuchtbanden – Premiere beim ersten Pflichtspiel gegen Dynamo Dresden auf meine Wahrnehmung des Spiels auswirken würde.
Als kurze Vorabinfo hier noch mal die Pressemitteilung vom FC St. Pauli zur Neueinführung dieser Leuchtbanden:
Freitag, 21. Juli 2017 13:00 Uhr
Neue LED-Banden im Stadion kommen bei Bremen-Spiel erstmals zum Einsatz
Zur Generalprobe gegen Werder Bremen wird es am Sonnabend (22.7.) eine Neuerung im Millerntor-Stadion geben, die für jeden sichtbar sein wird. Die bisher verwendeten Rollbanden werden durch moderne LED-Banden ersetzt.
Der Einsatz von LED-Technik hatte in der Saison 2010/11 zu erheblichen Diskussionen in der Fanszene geführt, mit dem Ergebnis, dass seitdem weiterhin Rollbanden verwendet worden sind. Sieben Jahre später wurde dieses Thema durch den Verein wieder aktuell. Aufgrund der Vorgeschichte haben sich bereits im letzten Jahr Vertreter des Vereins mit dem Ständigen Fanausschuss getroffen und das Thema diskutiert. Hierbei wurden Pro- und Contrapunkte abgewogen. Am Ende stand das Ergebnis, dass der Verein ab der Saison 2017/18 auf LED-Banden umstellen wird. Resultierend aus der Diskussion hat der Verein eine Selbstverpflichtung formuliert, die vorsieht, dass es die Mindestanforderung ist, keine stark rotierende, blinkenden Animationen zuzulassen, und dass die Möglichkeit zur regelmäßigen Einbindungen von Fanbelangen auf den LED-Banden geben wird.
Gründe für die Nutzung von LED-Banden sind unter anderem eine enorme Platzersparnis im Stadioninnenraum, die für die Menschen, die während eines Spiels dort arbeiten (Fotografen, Vereins-, Vermarkungs- und Securitymitarbeiter) eine deutliche Erleichterung bedeuten. Zudem sprechen ein niedriger Strombedarf und der Wegfall der Folienproduktion aus Gründen der Nachhaltigkeit für die LED-Banden.
Durch die deutlich niedrigeren Produktionskosten haben auch viele kleinere, regionale Partner die Möglichkeit, im Stadion zu werben. Außerdem sind Sponsoren mit der Forderung an den Verein herangetreten, auf LED umzustellen, da es mittlerweile Standard in fast allen Stadien ist.
Naja, die Nachhaltigkeit…. ich glaube, der nächste Absatz war da entscheidender. 😉
Kurze Vorabinfo zu mir persönlich: Ich bin, wie bereits erwähnt, Autist.
Als solcher fällt es mir naturgemäß relativ schwer, Dinge „einfach so“ auszublenden. Selbst wenn ich mich komplett aufs Spiel konzentriere, fallen mir Dinge, die „am Augenrand“, am Rand des Blickfeldes passieren, genauso stark auf wie Dinge, auf die ich mich zu konzentrieren versuche.
Ich nehme also durchgehend auch die Bandenwerbung wahr, selbst wenn ich mich aufs Spiel konzentriere. Das ist wahrscheinlich so gewollt, funktioniert aber bei mir sicher deutlich intensiver als bei anderen. Und ist normalerweise auch kein Problem, ich habe genügend Zeit gehabt, mich an diese Art der Wahrnehmung zu gewöhnen (denn Autismus ist angeboren), und komme normalerweise auch gut damit zurecht.
Wie ich mit dem meist ausverkauftem, lauten Millerntor mit den vielen sich bewegenden Menschen klar komme, habe ich übrigens vor vielen Jahren nebenan in meinem Blog geschildert: Autistisches Temperaturempfinden, über das Schwitzen und das Alleinsein in einem ausverkauften Fußballstadion, lest es euch als Einführung gerne einmal durch.
Vor diesem Hintergrund war ich natürlich sehr gespannt darauf, wie sich diese neuen Leuchtbanden auf mich und die Wahrnehmung des eigentlichen Spieles auswirken, denn ich hatte da bereits in anderen Stadien schlechte Erfahrungen mit gemacht.
Besonders schlimm sind diese Leuchtbanden (für mich), wenn sie entweder deutliche Helligkeitsunterschiede zum Umgebungslicht aufweisen, oder aber wild in sich animiert sind.
Letzteres habe ich bei uns nicht feststellen können, und dafür bin ich dankbar.
Ersteres habe ich allerdings ganz speziell bei einer Werbebande als sehr störend und ablenkend wahrgenommen:
Wenn man die Bandenwerbung auf 80% Helligkeit runter drehen würde, wäre sie immer noch weiß, aber #Autismus – freundlicher, @fcstpauli #fcsp pic.twitter.com/VYVkUBwCub
— 🤎🤍❤️☠ Stefan Derbysieger ☠🤎🤍❤️ (@Kiezkickerde) August 7, 2017
Man beachte die weißen Fanclubbanner etc. im Hintergrund, die im Vergleich zur weißen Werbebande regelrecht grau wirken.
Gleichzeitig mit der wurde auf der Nordseite der Gegengerade eine ähnlich grell weiße Werbebande angezeigt, deren Aufdruck ich aber aus meiner Perspektive (Mitte Südkurve) nicht lesen konnte. Auch diese überstrahlte das Spielgeschehen auf dem Rasen mit einem deutlich zu grellem, weißen Licht.
Ich weiß nicht, inwieweit das von den Vertragsmöglichkeiten machbar ist, aber ich würde vermuten, selbst bei einer Helligkeit von 80% wäre diese apex – Werbung mit dem weißen Hintergrund noch immer genauso weiß und deutlich lesbar, würde mich aber nicht so sehr vom Spielgeschehen ablenken, bzw. bei mir zu körperlichem Unwohlsein (in Form von Schweißausbrüchen wegen optischer Überreizung) führen.
Ab der Halbzeit war ich jedenfalls derartig dehydriert, dass ich die zweite Halbzeit nur noch vom Blockeingang sehen konnte, weil ich dort quasi ständig zwischen Wasserhahn und Blockeingang hin und her pendeln konnte, um das ausgeschwitzte Wasser nachzufüllen. Und nein, hier übertreibe ich leider nicht.
Insofern fände ich es grandios, wenn zumindest jene Apex – Werbebande in ihrer Helligkeit etwas herunter geregelt werden könnte – um den Stadionbesuch auch für mich wieder mehr oder weniger angenehm zu gestalten. Es wäre super klasse, wenn da irgend was möglich wäre, ich würde mir nur ungerne bei Heimspielen zukünftig eine Sonnenbrille aufsetzen, um dieses grelle Weiß auf diese Weise abzudunkeln.
Und ja, das schrieb ich auch dem FC St. Pauli sowie dessen Vermarkter.
[…] Spiel – Athens South End Scum: “Matchday 02” (English) – Kiezkicker: “Neue Leuchtbanden am Millerntor” – Nice Guys St.Pauli: “senfdazu 40” – Sax Stadtmagazin (Dynamo): […]
[…] Kiezkicker erklärt sein Problem mit den Werbebanden […]
[…] Neue Leuchtbanden im Millerntor – Stadion […]
https://twitter.com/Kiezkickerde/status/894934600459444228
https://www.facebook.com/kiezkicker.de/posts/10214499849313957:0
http://www.stpauli-forum.de/viewtopic.php?t=77634&start=330#8
Gestern hat jemand von Usport meine eMail beantwortet. Ohne die in Gänze zitieren zu wollen zeigten die Verständnis für mein Problem und erwähnten, dass ihnen die Problematik im Hinblick auf Autisten in der Form nicht bekannt war. Nehme ich denen auch so ab, auch das war ja ein Grund dafür, warum ich mich bei denen meldete.
Man erwähnte auch, dass man bezüglich der Helligkeitseinstellung der Bande noch im Prozess der Anpassung sei, weil es sich erst um das zweite Heimspiel mit der entsprechenden Technologie am Millerntor handele. Zugesagt wurde, beim nächsten Heimspiel noch einmal zu schauen, ob man die Helligkeit der Apex – Bande etwas an die anderen anpassen könnte, ohne jedoch diesen gegenüber den anderen dort gezeigten Werbepartnern zu benachteiligen. Man hätte auch ein Interesse daran, dass Stadionbesucher nicht durch die Werbebanden gestört werde. Hinsichtlich der Animation zeigte sich der Vermarkter erfreut darüber, dass diese nicht als übermäßig störend empfunden wurde und man wird sich an diese Selbstverpflichtung auch zukünftig halten.
Erwähnt wurde noch, dass die Helligkeit der Bandenwerbung anhand des Fernsehsignals eingestellt wird, und sich bei Tagesspielen gegenüber Abendspielen natürlich verändert, sprich, bei Tagesspielen sind die Banden heller als bei Abendspielen eingestellt. Dieses insbesondere bei den Banden, welche sich im „TV- relevanten“ Bereich befinden, also die Banden der Haupttribüne und Nordkurve (trifft also auf die erwähnte Apexbande vor der Gegengerade nicht zu).
Insgesamt empfand ich den erfolgten schnellen Mailaustausch und das Eingehen auf meine Empfindungen und Bedürfnisse in der Form, wie er durch den Vermarkter U-Sport erfolgte, als klasse. Insbesondere die Ankündigung, sich diese Bande beim nächsten Heimspiel noch einmal genauer hinsichtlich ihrer Helligkeit anzusehen, empfinde ich als tatsächlich an einer Lösung interessiert und schaue nun zuversichtlicher auf die folgenden Heimspiele. Danke euch dafür! Ich bleibe mit U-Sport im Kontakt und werde mich sicherlich nach dem nächsten Heimspiel noch einmal melden. 🙂
[…] und sollte unbedingt beibehalten werden. Wobei es auch hier noch Verbesserungsbedarf gibt: http://www.kiezkicker.de/kiezkicker/2017/neue-leuchtbanden-im-millerntor-stadion/ – damit wir alle das Spiel auch genießen […]
Kurzes Update: Beim darauf folgenden Heimspiel waren die Banden von der Helligkeit deutlich besser eingestellt, passte so für mich.
[…] und sollte unbedingt beibehalten werden. Wobei es auch hier noch Verbesserungsbedarf gibt: http://www.kiezkicker.de/kiezkicker/2017/neue-leuchtbanden-im-millerntor-stadion/ – damit wir alle das Spiel auch genießen […]
Und auch nach dem ersten Heimspiel der Saison 2018-19 wieder problemlos gelöst:
https://twitter.com/Kiezkickerde/status/1029373544747159552