Im Fanladen St. Pauli findet heute Abend um 20 Uhr ein Vortrag zur polnischen Fanszene (in englisch gehalten, bei Bedarf wird ins deutsche übersetzt) statt.
In Polen, dem Ausrichter der nächsten EM und dem zweitgrößten Nachbarland Deutschlands hat sich eine in Europa einzigartige Fankultur entwickelt. Einerseits äußert sich dies in grenzenlosem Fanatismus, perfekten Choreographien und ganzen Landstriche voller Vereinsgraffiti.
Andererseits existiert aber auch eine große Bereitschaft zur Gewalt. Nicht selten kommt es auch in den Stadien zu Übergriffen auf gegnerische Fans. Bei der Ablehnung des Anderen spielen Xenophobie, Nationalismus und Homophobie eine große Rolle. Keltenkreuze, an Nazigrößen erinnernde Transparente und antisemitische Sprechchöre sind in den Stadien Polens verbreitet. All dies ist jedoch nicht nur das Phänomen einer Randgruppe, sondern Widerhall einer großen gesellschaftlichen Strömung. So bekleideten zwischen 2005 und 2007 offen homophobe und rassistische Politiker unter den Gebrüdern Kaczynski Ministerämter. Nationalismus bietet gerade für die Verlierer der Reformen nach 1989 ein Identifikationsangebot, das in den Stadien der Republik radikal propagiert wird.
Jacek Purski ist Pressesprecher der NGO „Nigdy Wiecej / Never again“. Diese in Warschau ansässige Organisation hat es sich seit 1996 zum Ziel gemacht, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in der polnischen Gesellschaft entgegenzutreten. Sie trat so erfolgreich für eine Verankerung des Verbots von faschistischen und rassistischen Organisationen in die Verfassung Polens ein. Intensiv werden rechtsextreme Aktivitäten beobachtet, analysiert und aufgedeckt. Insbesondere die Situation in den Stadien wird intensiv verfolgt und Gegenmaßnahmen gestartet. „Nigdy Wieciej“ beteiligt sich an den Aktivitäten von FARE („Football against Racism in Europa“) und startete in diesem Rahmen die Kampagne „Wir kicken den Rassismus aus den Stadien“.
Diese hat es sich zum Ziel gemacht, faschistische Symbole aus den Fußballstadien zu verdrängen, rassistische Gesänge zu ächten und die Vernetzung antifaschistischer Fanclubs voranzutreiben.
In seinem Vortrag gibt der Referent zunächst einen Überblick über die polnische Fanszene. Anschließend werden faschistische Strukturen und Aktivitäten in den Stadien aufgezeigt und in ihre politischen Zusammenhänge gestellt. Auch die Gegenmaßnahmen von „Never again“ und anderen antirassistischen Bewegungen werden dargestellt. Einige kurze Filme stützen die Präsentation.
Der Referent wird auf Englisch sprechen, bei Bedarf wird aber ins Deutsche übersetzt.
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