Hamburg, den 02.12.06 – Offener Brief an das Präsidium des FC St. Pauli vom Fanclub – Sprecherrat
Mit größter Enttäuschung haben wir vernehmen müssen, dass das Präsidium des FC St. Pauli nicht bereit ist, dem Fanladen seine Solidarität zu erklären und den unverhältnismäßigen Polizeiüberfall auf den Fanladen und dessen BesucherInnen am 17.11.2006 zu verurteilen.
Noch mehr entsetzt und wütend gemacht hat uns aber die Tatsache, dass das Präsidium das Verteilen von Informationsflugblättern im Stadion anlässlich des Magdeburgspiels verbieten will (edith: Verbot wurde eine Stunde vor Spielbeginn aufgehoben).
Wir werden Beides nicht widerspruchslos hinnehmen!
Wie in der Stellungnahme des Fanladens und des Vereins Jugend und Sport bereits geschildert, kam es am Freitag, den 17.11.06 im Anschluss an das Spiel gegen Erfurt zu einer weiteren Eskalation seitens der Polizei gegen die Fanszene des FC St. Pauli. Dies war der bisherige traurige Höhepunkt in der zunehmend repressiveren und eskalierenden Taktik der Hamburger Polizei gegen die Fans unseres Vereins. Im Zuge dieser Eskalation und Provokation wurde seitens der Polizei der Fanladen überfallen und von allen Anwesenden (auch von den MitarbeiterInnen des Fanladens) Personalien aufgenommen und Fotos gemacht.
Jeder und jede, welche sich mit der Arbeit sozialpädagogischer und sozialarbeiterischer Projekte beschäftigt, weiß, dass dies eine nicht zu akzeptierende Einmischung und Provokation der Arbeit sozialer Projekte darstellt. Ein soziales Projekt wie das Fanprojekt ist ein geschützter Raum, in welchem parteilich, vertrauensvoll und bei Bedarf auch anonym soziale Arbeit getätigt wird.
Gerade erst wurde die hervorragende Arbeit des Fanladens durch die Verleihung des Integrationspreises der Stadt Hamburg für das Projekt Kiezkick des Fanladens gewürdigt. Darüber hinaus gab es in den letzten Wochen auf Grund bundesweiter negativer Ereignisse, wie wir sie von St. Pauli Fans noch nie erleben mussten, von Seiten des DFB, DFL und der Bundeskanzlerin eine Aufwertung der Fanprojektarbeit hinsichtlich deren Bedeutung für die soziale Arbeit mit Fans.
Dass dies die Hamburger Polizei wenig interessiert und diese das Fanprojekt St. Pauli lieber heute als morgen zerschlagen sehen möchte, steht auf einem anderen Blatt.
Dass dies aber den Verantwortlichen unseres Vereins entgangen ist, ist einfach nur beschämend. Anstatt sich – wie andere Vereine auch – solidarisch hinter den Fanladen und die Fans zu stellen, verbietet das Präsidium für das Stadion das Verteilen von Flugblättern, welche die Geschehnisse dokumentieren.
Wir werden dies so nicht akzeptieren:
Wir fordern das Präsidium auf, seine Haltung umgehend zu ändern, dem Fanladen seine uneingeschränkte Solidarität auszusprechen und den Polizeiüberfall auf den Fanladen zu verurteilen.
Sollte dies nicht geschehen, müssen wir davon ausgehen, dass sich das Präsidium zum Erfüllungsgehilfen der Hamburger Polizeitaktik macht und sich damit gegen diejenigen stellt, die diesem Verein in den letzten zwei Jahrzehnten erst seine europaweite Reputation gebracht haben.
Als Konsequenz hieraus sehen wir uns zurzeit nicht mehr in der Lage, mit diesem Präsidium weiterhin zusammen zu arbeiten. Als gewählte Fanvertretung werden wir so lange die Mitarbeit in allen Vereinsgremien und Projekten beenden, bis das Präsidium gezeigt hat, dass es auf der Seite der Fans des FC St. Pauli steht und nicht auf der Seite der Repression.
Gezeichnet: Roger Hasenbein, Tanja Paul
für den Sprecherrat der organisierten Fanclubs des FC St. Pauli
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