Die Diskreditierung unserer Arbeit im Rahmen der zunehmenden ordnungspolitischen Einschränkung von Freiräumen für Fußballfans, wie sie derzeit im Umfeld des FC St. Pauli zu beobachten ist, gibt uns zu Befürchtungen Anlass, dass auch zukünftig mit einer Verhärtung der Fronten und einer Steigerung der Eskalation gerechnet werden muss:
mit Zunahme der repressiven Interventionen und der Missachtung der Arbeit des Fanprojekts werden unsere Handlungs- und Vermittlungsspielräume zwischen den am Fußball beteiligten Gruppen und Institutionen drastisch eingeschränkt.
Ein konstruktiver Austausch zwischen den Fanarbeitern und den Sicherheitskräften sowie eine gegenseitige Akzeptanz beider Arbeitsweisen sind uns daher grundsätzlich sehr wichtig. Leider mussten wir jedoch in der Vergangenheit mehrfach die Erfahrung machen, dass wir von Seiten der Polizei weder als gleichberechtigte DiskussionspartnerInnen noch mit unserer – teils notwendigerweise auch polizeikritischen – Expertenmeinung zur Fanszene des FC St. Pauli und den Ursachen jugendkulturellen Verhaltens entsprechend wahrgenommen und wertgeschätzt wurden.
In Anbetracht der gegenwärtigen Debatte um eine Zunahme der Gewalt in den unteren Ligen wurde sowohl von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte als auch von Seiten des DFB und der DFL als zuverlässigste Finanziers der Fanprojekte sowie von der Bundesregierung die Notwendigkeit zu differenzierten, angemessenen und anlassbezogenen Sicherheitskonzepten als auch die Stärkung von präventiver Jugendarbeit im Fußball betont. Besonders wurde dabei für eine sicherheitspolitische Entdramatisierung und für den Vorzug einer sachlichen Analyse unter Einbeziehung von notwendigen Freiräumen für und einem Dialog mit Fußballfans plädiert.
Ein polizeiliches Vorgehen, das die Prinzipien und die Unterschiedlichkeit der Aufgaben von Fanprojekten und Sicherheitsorganen nicht berücksichtigt, kann nicht akzeptiert werden, vor allem da es kontraproduktiv für das Erreichen der Ziele ist, die von allen beteiligten Institutionen (Politik, Sicherheitsorgane, Vereine und Jugendhilfe) bei der Einrichtung von Fanprojekten schriftlich festgelegt wurden.
Entsprechend erwarten wir von Seiten der Hamburger Polizei ein Umdenken in der Polizeistrategie und eine Anerkennung der Grundsätze von Fanprojektarbeit als wesentlichen Beitrag zum gemeinsamen Interesse: einem friedlichen Verlauf der Fußballereignisse. Die Handlungsweisen des Fanladens sollten folglich respektiert werden und nicht – wie geschehen – die Erfolge langjähriger Arbeit durch einseitige ordnungspolitische und repressive Schnellschüsse torpediert werden.
Friedfertige Heimspiele können nur durch ein Miteinander erreicht werden – in unbedingter Anerkennung bestehender Selbstregulierungsmechanismen innerhalb der Fanszenen und Strukturen von professioneller Fanarbeit. Auch auf bundesweiter Ebene zeigt sich übereinstimmend, dass überall dort, wo eine entsprechende Wertschätzung und eine Kooperation auf Augenhöhe, insbesondere zwischen Polizei und Fanprojekt, gegeben ist, auch spürbar bessere Zustände in den Fankurven in Bezug auf Gewalt und Rassismus festzustellen sind.
Bedauerlicherweise sehen wir nach den Vorfällen von letztem Freitag, nach den Entwicklungen der letzten Monate und den entsprechenden Äußerungen des Einsatzleiters derzeit keine Möglichkeit zu einer weiteren Kooperation mit der Hamburger Polizei, solange nicht der jüngste Einsatz von Seiten der Verantwortlichen uns gegenüber kritisch reflektiert und fehlerhafte Vorgehensweisen eingeräumt werden konnten. Ebenso halten wir es für unabdingbar, dass sich die besagten polizeilichen Stellen in Hamburg eingehender mit den spezifischen Aufgaben von Fanprojekten vertraut machen.
Entsprechend werden wir bis dahin die Teilnahme an den Sicherheitsbesprechungen vor Heimspielen aussetzen und gegenüber der Polizei auch für keinen weiteren Austausch zu aktuellen Entwicklungen und Ereignissen in der Fanszene des FC St. Pauli zur Verfügung stehen.
Ansonsten wird der Fanladen St. Pauli auch weiterhin seine kritische Arbeit mit und für die Fanszene des FC St. Pauli in der gewohnten Qualität fortsetzen. Zudem werden wir zukünftig die polizeilichen Einsätze rund um die Heimspiele des FC St. Pauli durch einen Anwalt als neutralen Beobachter begleiten, dokumentieren und anlassbezogen bewerten lassen.
Hamburg, 21.11.2006
Sollte es keine Antwort geben oder unsere Arbeit weiterhin ignoriert und missachtet werden, behalten wir uns andere Möglichkeiten des friedlichen Protestes vor.
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