Montag Abend, 23.4. — Die aufmaschierenden Promis werden lächeln, sich amüsieren, wichtig und wieder weg sein. Der Investor verdient. Und die AnwohnerInnen? Sie können sich darauf einstellen, dass sie außer zum Fischmarkt, Hafengeburtstag oder Schlagermove jetzt auch noch unter der Woche mit Lärm und New Economy Fuzzis belästigt werden.
Bevor er die Rote Flora kaufte, erwarb Klausmartin Kretschmer ein anderes, nicht unumstrittenes Gelände in St.Pauli. Die Riverkasematten am Hafenrand, in direkter Nachbarschaft der ehemals besetzten Häuser. Lange hatte sich eine Stadtteilinitiative unter der Federführung der anliegenden Schule um die Räumlichkeiten bemüht. Die Sanierung sei zu teuer für die öffentliche Hand hieß es. Herr Kretschmer hingegen scheint über das nötige Kleingeld zu verfügen.
Damit sich das Ganze aber rentiert, will er dort gehobene Gastronomie, einen internationalen Musikclub, und spezielle events anbieten. Und er möchte von der Stadt die Erlaubnis, den „Schauermannspark“ oben auf dem Dach der Kasematten für kommerzielle Veranstaltungen privat zu nutzen. Vorsorglich erzählt er schon mal, er habe per Erbpacht Anrecht auf den, bisher öffentlichen, Park und dürfe bestimmen, was da zu passieren habe.
Die Tatsache, dass der Schauermannspark seit Jahren von AnwohnerInnen mit Unterstützung diverser Behörden als Teil des Park Fiction Projektes beplant und diskutiert wird, ignoriert man bisher locker. Während Kretschmer zum Einstand gleich ein paar von AnwohnerInnen gepflanzte Bäume fällen ließ, filmt seine Frau Tamara unliebsame Parkbesucher und erklärt verblüfften Hafensträßlern, das sie auch für die Freiflächen neben und vor den Häusern große Pläne habe. Think Big scheint das Motto zu sein.
Genau dazu paßt der Mega-Event, der am kommenden Montag in und auf Kretschmers Kasematten stattfindet. Anläßlich der Enthüllung eines Riesenposters vor dem Dock 10 ist eine Riesenparty geplant. Im Rahmen der Media Night des nationalen Kommunikationskongresses (neue Medien, Werbung, Start Ups u.s.w. – alles superinnovativ, superangesagt und superwichtig für den Standort) wird von einem zentralen event in historischer Location, weltweit einmalig, kulinarische Genüsse eines internationalen Fooddesigners, multimedialer Welt in traditionsreicher Hamburger Umgebung geschwärmt.
Mit der Messe und dem CCH als Ausrichter hat Kretschmer sich potente Veranstalter an Land gezogen. Und entgegen aller Versicherungen, die Bezirkspolitiker besorgten AnwohnerInnen noch vor kurzem gaben: Die Stadt sorgt selbst dafür, dass der Schauermannspark der Öffentlichkeit entzogen wird. Dicke Zäune und Sicherheitskräfte in schmucken Bomberjacken riegeln ihn schon seit Tagen ab.
So ist das. St.Pauli wird mal wieder als Kulisse für die Selbstdarstellung der Stadt benutzt. Die aufmaschierenden Promis werden lächeln, sich amüsieren, wichtig und wieder weg sein. Der Investor verdient. Und die AnwohnerInnen? Sie können sich darauf einstellen, dass sie außer zum Fischmarkt, Hafengeburtstag oder Schlagermove jetzt auch noch unter der Woche mit Lärm und New Economy Fuzzis belästigt werden.
Nachhaltige, quartiersbezogene Entwicklung in Hamburgs ärmsten Stadtteil? Träumt weiter, Stadtteilinitiativen.
Und was Herrn Kretschmer anbelangt: Die Art, wie er sich am Hafenrand eingeführt hat, stimmt nicht gerade hoffnungsfroh…
Montag Abend, 23.4.
– media night, Riverkasematten, Hafenrandstrasse
– bottle party am Lagerfeuer vor den Hafenstrassenhäusern
Wo gehst du hin?
Schreibe den ersten Kommentar