Afrikaner auf der Flucht vor der Polizei ertrunken
Presseerklärung vom Flüchtlingsrat Hamburg: Laut Radiomeldungen ist am Samstag, dem 15.3.03 abends gegen 22 Uhr ein Afrikaner auf der Flucht vor der Polizei im Mittelkanal in Hammerbrook ertrunken. Er sprang den Meldungen zufolge in den Kanal, nachdem die Polizei ihn und einen zweiten Afrikaner an der S-Bahnstation Hammerbrook festnehmen wollte, da sie angeblich mit Drogen handelten. Der zweite Afrikaner konnte entkommen. Der ertrunkene Afrikaner, dessen Identität angeblich noch nicht bekannt ist, ist ein weiteres Todesopfer der rassistischen Kriminalisierungspolitik gegen schwarze Menschen in Hamburg im Zusammenhang mit Drogenhandel. Wir protestieren gegen die bewusste Inkaufnahme des Todes von Menschen bei Polizeikontrollen, Razzien und Brechmitteleinsatz!
- Am 6. Juni 1996 sprang ein 16jähriger Flüchtling, Jude A.
aus Sierra Leone, von einem Schiff in Harburg, das als
Flüchtlingsunterkunft diente, ins Wasser, als jemand an seiner Tür
klopfte. Er hatte Angst vor der Polizei, da er nicht in Hamburg gemeldet
war. Die Polizei behauptete, er sei mit dem Abpacken von Kokain
beschäftigt gewesen. Der Jugendliche, der nicht schwimmen konnte,
ertrank.
- Im Dezember 2001 starb im Institut für Rechtsmedizin am UKE
der nigerianische Flüchtling Achidi John, nachdem ihm gewaltsam
Brechmittel eingeflößt worden war, da er angeblich mit Drogen
gehandelt hatte. Ein Ermittlungsverfahren gegen die beteiligten
ÄrztInnen und Polizisten wurde abgelehnt. Auch nach Achidis Tod gehen
die Brechmitteleinsätze skrupellos weiter.
Die rassistische Vertreibungs- und Kriminalisierungspolitik löst kein
einziges Problem!
Drogenverkauf und -konsum finden weiter statt, solange eine Nachfrage
besteht. Der Verfolgungsdruck hat zur Konsequenz, dass die Deals
unbeobachtet an einsamen Orten oder in Autos ablaufen, dass die
Aggressionen zunehmen und die Auseinandersetzungen brutaler werden. Die
polizeilichen Methoden in Kombination mit der rassistischen Hetze gegen
Schwarze nehmen bewusst den Tod von Menschen in Kauf – sei es auf der
Flucht, durch Misshandlungen auf der Wache, durch Brechmitteleinsatz
oder durch DrogenkonsumentInnen, wie bereits zweimal geschehen:
- Im Januar 2002 erschlugen zwei Drogenkonsumenten in
Hamburg-Langenhorn den 16jähigen Sangare Jalloh aus Sierra Leone mit
einem Baseballschläger. Der Jugendliche starb im Krankenhaus, nachdem
er von einer Passantin schwer verletzt aufgefunden wurde. Die Presse
spielte den Mord als Auseinandersetzung im Drogenmilieu herunter
- In der Nacht zum 8. August 2002 wurde im Knabeweg in
Hamburg-Osdorf der 16jährige Flüchtling Bailo Bah aus Guinea von
einem Deutschen mit einem Messer erstochen. Auch dieser Tod eines jungen
Menschen wurde von der Presse als „Dealer-Mord“ bezeichnet und schnell
vergessen gemacht
Wie viele Menschen müssen noch sterben, bevor ein Umdenken in der
Hamburger Drogen- und Flüchtlingspolitik einsetzt?
Menschenrechte gibt es für die Kriminalisierten nicht mehr. Menschen
schwarzer Hautfarbe oder mit „ausländischem“ Aussehen können sich in
dieser Stadt nur noch mit Angst bewegen. Viele sitzen im Gefängnis
oder wurden abgeschoben. Der Drogenverkauf wird von anderen Gruppen
übernommen, die dringend Geld brauchen. Es würde sehr viel mehr
nützen, den betroffenen Menschen – Drogenabhängigen, Flüchtlingen,
Armen und anderen Ausgegrenzten – eine Perspektive zu geben, ihnen ein
lebenswertes Leben zu ermöglichen. Aber genau hier wird gespart, denn
solche Maßnahmen sind von den herrschenden Politikern nicht gewollt,
bringen keine Wählerstimmen und vermehren nicht ihren Reichtum.
Wir fordern:
- Schluss mit den rassistischen Kontrollen und Razzien sowie dem
Brechmitteleinsatz!
- Schluss mit der rassistischen Hetze, insbesondere gegen schwarze
Menschen!
- Legalisierung von Drogen, Beratungs- und Hilfsangebote für
DrogenkonsumentInnen!
- Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten für alle, auch für
Flüchtlinge!
- Schluss mit den Sparmaßnahmen im sozialen Bereich!
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
Offenes Plenum für antirassistische Arbeit
Hein-Köllisch – Platz 12
20359 Hamburg, Tel.: 040 / 43 15 87, Fax: 040 / 430 44 90
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