Vorab: Die gegebenen Antworten lassen einigen Spielraum zu, aber lest selbst…:
23. Dezember 2005
Antwort des Senats
auf die Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Antje Möller
– Drucksache 18/3402 –
- Zu wie vielen derartiger Ansprachen/Gespräche ist es in dem Jahr 2005
- innerhalb der St-Pauli-Fanszene
- bei sonstigen Gruppierungen
bereits gekommen?
Mit Anhängern des FC St. Pauli wurden im Jahr 2005 bisher drei, mit Fußballanhängern sonstiger Gruppierungen sechzehn sog. „Gefährderansprachen / Präventionsgespräche“ durchgeführt. - Seit wann werden derartige Ansprachen/Gespräche durchgeführt?
Seit Mitte der 80er Jahre. - Stehen die Gespräche/Ansprachen im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006? Wenn ja, gibt es diesbezüglich Zusammenarbeit/gemeinsame Absprachen mit anderen Bundesländern?
Nein. - Welche/s Ziel/e wird/werden mit solchen Gesprächen verfolgt? Nach welchen Kriterien werden die von einer solchen Maßnahme Betroffenen ausgesucht?
- Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgen solche Ansprachen/Gespräche? Wenn es keine gesetzliche Grundlage gibt, gibt es eine Verwaltungsvorschrift über die Durchführung solcher Anfragen?
Bei dieser Form der Ansprache handelt es sich um ein Gesprächsangebot, das die Polizei im Rahmen ihrer präventiven Aufgaben macht und dessen Annahme freiwillig ist. Einer spezifischen Rechtsgrundlage bedarf es daher nicht. Bei den betroffenen Personen besteht gemäß polizeilicher Beurteilung die Gefahr, dass sie aus Anlass eines Fußballspiels Straftaten begehen könnten. Eine Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der Ansprachen gibt es nicht. - Woher stammen die Erkenntnisse über die Betroffenen, die dann zu einer solchen Anfrage führen? Sind Anlass für die Ansprachen auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes?
- Welche Abteilung der Polizei führt solche Ansprachen durch? Handelt es sich dabei um besonders geschulte Polizeibeamte?
Die Erkenntnisse über die betroffenen Personen stammen aus der Tätigkeit der Szenekundigen Beamten (SKB) der Zentraldirektion (ZD 522, Jugendschutz West) und der Sachbearbeiter des Zentralen Ermittlungskommissariats Gruppengewalt (ZD 64). Erkenntnisse des Verfassungsschutzes spielen dabei keine Rolle. Grundsätzlich werden die Gespräche durch die SKB geführt, in Ausnahmefällen auch durch Sachbearbeiter der ZD 64. Eine spezielle Schulung dafür gibt es nicht. - An welche Behörden/Stellen werden die Daten, die bei solchen Ansprachen erhoben werden, weitergegeben? Erhalten die Informationen insbesondere Eingang in Ermittlungsakten?
Die Daten werden nicht an andere Behörden bzw. Stellen übermittelt. Sie können jedoch in ein eventuelles, späteres strafrechtliches Ermittlungsverfahren einfließen, in dessen Rahmen die entsprechende Akte an die zuständige Staatsanwaltschaft übersandt wird. - Werden die Daten in sonstigen Dateien oder Systemen gespeichert? Wenn ja
- in welchen Dateien/Systemen werden sie gespeichert?
- welche Behörden haben Zugriff auf dieses System?
Die Daten über das Gespräch werden im elektronischen Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei („ComVor“) gespeichert. Wenn die betroffene Person bereits in der dienstelleninternen „Datei junge Gewalttäter“ der ZD 64 gespeichert ist, erfolgt dort ein Eintrag über die sog. „Gefährderansprache“. Gleiches ist in der bundesweiten „Datei Gewalttäter Sport“ möglich, wenn die betroffene Person dort gespeichert ist.
Zu 9.b): Auf „ComVor“ sowie auf die „Datei junge Gewalttäter“ hat die Polizei Hamburg Zugriff, auf die bundesweit ausgeschriebenen Datensätze der „Datei Gewalttäter Sport“ alle Polizeien des Bundes und der Länder. - Trifft es zu, dass einzelne Personen im Zusammenhang mit dieser Ansprache/Gespräch auf Ihrer Arbeitsstelle aufgesucht wurden? Wenn ja warum und welcher Grund wurde dem Arbeitgeber von Seiten der Polizeibeamten genannt?
Nein. - Wurden bei den Ansprachen/Gesprächen nur die Betroffenen angesprochen? Wurden in Einzelfällen bei Minderjährigen nur die Eltern angesprochen und wurden sie in diesem Rahmen über ihr Zeugnisverweigerungsrecht belehrt?
Die Gespräche werden grundsätzlich nur mit dem Betroffenen geführt. Bei Minderjährigen werden auf Wunsch die Eltern hinzugezogen. Gespräche mit den Eltern allein hat es nicht gegeben. - Trifft es zu, dass im o.g. Zusammenhang auch Eltern von über 18-jährigen über laufende Strafverfahren gegen ihre Kinder informiert wurden?
Nein. - Werden Betroffene gegen die ein Strafverfahren anhängig ist, rechtlich belehrt und auf ihr Aussageverweigerungsrecht hingewiesen?
Sofern auch ein Strafverfahren Gegenstand des Präventionsgesprächs ist, werden die Betroffenen rechtlich belehrt und auf ihr Zeugnis-/ oder Aussageverweigerungsrecht hingewiesen.
[…] Diese Frage stellen sich die organisierten Fans des FC St. Pauli seit ihnen die Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Bürgerschaftsabgeordneten Antje Möller (GAL) bekannt wurde. In dieser Anfrage ging es um sogenannte “Gefährderansprachen”, welche bei Fans des FC St. Pauli durchgeführt wurden. Vom Senat wurde die Anzahl der besuchten St. Pauli Fans mit drei angegeben. Fakt ist, dass es innerhalb von vier Wochen 4 Mitglieder der Fangruppierung Ultra St. Pauli und 2 Mitglieder des Fanclubs Skinhead St. Pauli getroffen hat. Also doppelt so viele, wie vom Senat behauptet. […]